Die Toilette ist kein Mülleimer: Gewässerschutz beginnt im Haushalt!
azv Südholstein will Verbraucher zum Mitmachen motivieren
Zahnpasta, Fleece-Pullover und Peeling-Produkte können kleinste Plastikpartikel enthalten. Gelangen diese in die Umwelt, können sie bei Tieren und Pflanzen Schaden anrichten. Das Gleiche gilt für Medikamentenrückstände und Haushaltschemikalien. In Kläranlagen können diese Stoffe in der Regel nicht vollständig entfernt werden. Unter dem Motto „Die Toilette ist kein Mülleimer!“ möchte der azv Südholstein nun die Verbraucher sensibilisieren und ruft zu mehr Gewässerschutz im Haushalt auf.
Eine empört blickende Comic-Toilette ziert die Titelseite des Flyers, der unter anderem an Rathäuser und Gemeindebüros verschickt wird oder direkt über die Webseite des azv bestellt werden kann. Auf der Innenseite ist eine stilisierte Wasserlandschaft zu sehen, dazu gibt es jede Menge Tipps für einen schonenden und umweltbewussten Umgang mit unserem Wasser, die jeder einfach zuhause umsetzen kann. Wer es etwas drastischer möchte, kann sich den passenden Aufkleber zur Erinnerung an die häusliche Toilette kleben: „Hast Du’n Sprung in der Schüssel?“, so die nicht ganz ernst gemeinte Frage. Spätestens beim Anblick des empört dreinblickenden Comic-WCs denkt vielleicht der ein oder andere nochmal darüber nach, ob die Toilette tatsächlich der beste Weg ist, um Feuchttücher, Speisereste, Hygieneartikel, abgelaufene Medikamente oder Reinigungschemikalien zu entsorgen. Das hoffen zumindest die Fachleute beim azv Südholstein.
„Wir wollten nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen, sondern das Thema etwas unterhaltsam aufbereiten“, so Ute Hagmaier, Referentin für Umwelt und Bildung beim azv. Schließlich wüssten viele Verbraucher gar nicht, dass sie selbst einiges zum Schutz des Wassers beitragen könnten. Und Abwasser sei nun mal kein Thema, mit dem sich die meisten Menschen gern mehr beschäftigten als unbedingt nötig. „Da muss man schon etwas Humor beweisen, auch wenn es an sich um eine ernste Angelegenheit geht“.
Als Mikroplastik werden Plastikpartikel von einer Größe unter fünf Millimetern bezeichnet. Etliche Kosmetikprodukte enthalten sogar Plastikteile im Nanometerbereich, die für das bloße Auge unsichtbar sind. Stoffe wie Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) können die Umwelt schädigen. Sie sind häufig in Zahnpasta, Duschgels oder Produkten mit so genannten Peeling-Perlen enthalten. Mikroplastik wurde bereits verschiedentlich in Oberflächengewässern und in Fischen, Muscheln und Kleinstlebewesen nachgewiesen. „Die Auswirkungen auf den Menschen sind bislang wenig erforscht, aber über die Nahrungskette kommen diese Stoffe wieder zu uns. Am besten ist es, wenn sie gar nicht erst in die Umwelt gelangen“, so Hagmaier. Auch Funktionskleidung besteht aus Kunststofffasern. Diese sorgen dafür, dass Textilien beispielsweise schmutz-, fett- und wasserabweisend sind. Über die Waschmaschine können kleinste Plastikfasern ins Abwasser und in die Umwelt gelangen.
Ähnliches gilt für Medikamentenrückstände. „Natürlich kann man im Krankheitsfall nicht auf Medikamente verzichten, aber oft gibt es Alternativprodukte, die weniger wasserschädlich sind. Leider wird dieser Aspekt in der Medizinerausbildung bislang kaum berücksichtigt“, so Hagmaier. Anders als in Schweden gibt es in Deutschland auch kein öffentlich zugängliches, zentrales Umweltinformationssystem für Arzneimittelwirkstoffe, in dem sich Ärzte und Patienten informieren können. Klar ist: Vor allem Antibiotika, Hormonpräparate und Analgetika wie das verbreitete Schmerzmittel Diclofenac sind bereits heute in unseren Gewässern und vereinzelt sogar im Grundwasser nachweisbar. „Es gibt immer noch Menschen, die Arzneimittelreste in der Toilette entsorgen. Dort haben sie aber eindeutig nichts zu suchen!“, so Hagmaier.
Auch bei Haushaltsreinigern lohnt es sich, auf die Inhaltsstoffe zu schauen: Umweltfreundliche Alternativen wie Zitronensäure, Essig oder Spiritus reinigen oft genauso gut wie aggressive chemische Reiniger. Und ein verstopfter Abfluss lässt sich mit der guten, alten Saugglocke besser und schneller wieder frei bekommen als mit flüssigen Rohrreinigern. Auf einige Produkte sollten Verbraucher dem Wasser zuliebe möglichst ganz verzichten: Das gilt beispielsweise für Chlorreiniger, Weichspüler und WC-Steine. Sie alle belasten das Wasser stark.
„Wir alle stehen in der Verantwortung, unsere Umwelt zu schützen. Das gilt für die Hersteller der Produkte, für die Klärwerksbetreiber und für die Verbraucher“, so Hagmaier. Zwar gibt es geeignete Verfahren, um am Ende der Leitung, im Klärwerk, zumindest einige Spurenstoffe oder Medikamentenrückstände aus dem Wasser zu entfernen. In Frage kommen etwa die Ozon- oder UV-Behandlung oder der Einsatz von Aktivkohle. Für die meisten fraglichen Substanzen existieren allerdings keine gesetzlichen Grenzwerte: Zudem sind die genannten Verfahren mit einem hohen Energie- und Kostenaufwand verbunden, den letztlich die Verbraucher über die Abwassergebühren finanzieren müssten. „Vorsorgen ist in jedem Fall besser als Nachsorgen und in vielen Fällen eine wirkliche Alternative“, so Hagmaier.
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