Schlammtrocknung beim azv steht still
Keine betriebsbedingten Kündigungen
Seit gut einer Woche steht die Klärschlammtrocknung beim azv still. Nach einem größeren Schaden an der Maschinentechnik seien weitere Investitionen in die veraltete Anlage mit ihrem hohen Energieverbrauch wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, so der Vorstand des Kommunalunternehmens. Für die betroffenen Mitarbeiter sucht der azv nach einer betriebsinternen Lösung. Die Belegschaft erfuhr am Freitag auf einer eigens einberufenen Personalversammlung von den Plänen. Heute war die Stilllegung Thema im Verwaltungsrat des azv.
Siebzehn Mitarbeiter sind für die Trocknungsanlage zuständig, davon 14 Schichtarbeiter unmittelbar für den Rund-um-die-Uhr-Betrieb sowie drei Mitarbeiter im Bereich Wartung und Instandhaltung. „Aufgrund bestehender Stellenvakanzen können wir die meisten Mitarbeiter vermutlich an anderer Stelle im Unternehmen weiter beschäftigen. Im Einzelfall müssen wir dabei auch über Weiterbildungsangebote sprechen. Für einen begrenzten Zeitraum ließe sich auch ein geringer Stellenüberhang rechtfertigen“, so Lutz Altenwerth, Vorstand des azv Südholstein. Bei älteren Mitarbeitern käme eventuell eine Abfindung und Frühverrentung in Frage. Zeitverträge würden geprüft. „Die Zusammenarbeit mit dem Personalrat ist sehr konstruktiv“, betont der azv-Vorstand. Das bestätigt Tim Plüschau, Personalratsvorsitzender beim azv: „Natürlich sind die Kollegen verunsichert. Wir begrüßen aber, dass von betriebsbedingten Kündigungen bislang nicht die Rede ist und hoffen, für alle eine faire Lösung zu finden.“
Seit 1997 wird in der Trocknungsanlage ein Teil des Klärschlamms entwässert und in ein Trockengranulat umgewandelt. Das reduziert die Menge des abzutransportierenden Klärschlamms. Doch seit Oktober steht eine der beiden Linien der Anlage still. Der Grund: größere Schäden an der Maschinentechnik. Lange wurde beim azv gerechnet, nun ist es offiziell: Die Reparatur lohnt sich nicht. In der vergangenen Woche sind zudem auch an der zweiten Linie Schäden aufgetreten. Seither steht die Anlage komplett still.
Die Wirtschaftlichkeit der Klärschlammtrocknung ist schon lange nicht mehr gegeben. Ein erheblicher Kostenfaktor ist die Energieversorgung der Anlage. Außerdem ist der Betrieb wartungsintensiv, das Verfahren veraltet. Aufgrund der Staubentwicklung besteht in der Anlage zudem grundsätzlich ein erhöhtes Explosionsrisiko. 1999 war die Anlage havariert. Nur aufgrund der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen kam damals niemand zu Schaden. Mit dem Alter der Anlage steigen jedoch die Kosten für die Sicherheitstechnik.
Der Betrieb der Hochtrocknungsanlage koste den azv und damit die Mitgliedsgemeinden jährlich rund 4,1 Millionen Euro, so der azv-Vorstand. „Zusätzlich müssten wir kurzfristig rund 300.000 Euro in Reparaturen und Sicherheitstechnik stecken. Und es ist bereits klar, dass das nicht die letzte Reparatur wäre“, sagt Altenwerth. Während der erforderlichen Arbeiten müsste die Anlage obendrein mehrere Monate außer Betrieb genommen werden. Es sei nicht sinnvoll in eine Anlage, deren Lebenszeit ohnehin nur noch auf wenige Jahre begrenzt sei, immer wieder derart hohe Summen zu investieren, so Altenwerth. Ursprünglich sollte die Trocknung spätestens 2017 außer Betrieb genommen werden. Da der Vertrag zur Erdgasversorgung der Anlage zum April dieses Jahres ausläuft, ist aber jetzt der richtige Zeitpunkt, um eine Entscheidung zu treffen", sagt Altenwerth.
Die Klärschlammhochtrocknung in Hetlingen ist seit langem in der Diskussion. Die letzte große Debatte gab es 2008, als der azv alternativ den Bau einer eigenen Verbrennungsanlage zur Verwertung der im Klärschlamm enthaltenen Energie ins Auge gefasst hatte. Aus politischen Gründen kam es damals zu keiner Einigung. Altenwerth betont, dass er die alte Diskussion nicht wieder aufflammen lassen wolle: „Darum geht es nicht. Der Weiterbetrieb ist schlicht nicht wirtschaftlich und lässt sich nicht mehr rechtfertigen“. Ob es in Zukunft eine andere Lösung für das Klärschlammproblem gebe, bleibe weiterhin offen. Derzeit gebe es erste Überlegungen, an einem zentralen Ort in Schleswig-Holstein gemeinsam mit anderen kommunalen Klärwerksbetreibern eine Verwertungsanlage zu errichten. Auch ein neues, solares Trocknungsverfahren beim azv sei langfristig denkbar. Innerhalb der nächsten Jahre sei aber keine dieser Lösungen realisierbar.
Durch die Stilllegung ist die Menge des abzufahrenden Klärschlamms gestiegen. Das sei dennoch günstiger als weiterhin Geld in die Trocknung zu stecken, so Altenwerth: „Der Abtransport des gesamten Klärschlamms ohne vorherige Trocknung kostet uns circa drei Millionen Euro im Jahr. Das heißt, wir könnten bis zu einer Million Euro im Jahr einsparen.“ Für die Hetlinger bedeutet das mehr LKW-Verkehr. Seit Ausfall der ersten Linie fahren mit fünf bis sechs LKW am Tag bereits mehr Fahrzeuge durch den Ort als früher. Durch die Stilllegung erhöht sich das Verkehrsaufkommen auf insgesamt sieben bis acht LKW täglich. In punkto Geruchsemissionen bringe die Stilllegung keine absehbaren Veränderungen für die Anwohner mit sich, versichert Altenwerth.
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